UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.

Epilepsie im Alltag

Gefahrenzonen im Alltag

Ein epileptischer Anfall stellt für sich zunächst keine bedrohliche Situation dar – er schädigt das Gehirn nicht und hört in der Regel von selbst wieder auf (Ausnahme: Status epilepticus). Problematisch wird der Anfall in der Regel erst in Verbindung mit Umständen, die in einer Anfallssituation nur als ungünstig bezeichnet werden können, weil sie die Folgen z. B. einer Bewusstlosigkeit, eines Sturzes oder einer Verkrampfung dramatisch potenzieren.

Wird unter medikamentöser Behandlung oder nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff dauerhaft Anfallsfreiheit erreicht oder treten die Anfälle über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nur nach dem Aufwachen bzw. besonders oder ausschließlich während des Schlafes auf, sind in den meisten Lebensbereichen keine Einschränkungen mehr nötig. Dies gilt auch dann, wenn nur epileptische Anfälle auftreten, die weder das Bewusstsein noch die Handlungsfähigkeit beeinträchtigen und die nicht mit einem Sturz verbunden sind. Treten dagegen Anfälle mit Bewusstseinsstörungen auf, kommt es zum Verlust der Haltungskontrolle und/oder zum Verlust der Handlungskontrolle, können in bestimmten Lebensbereichen Risiken bestehen. Im Alltag stellen einige Gefahrenzonen für Menschen mit Epilepsie die Teilnahme am Verkehr sowie der Umgang mit Wasser und Feuer dar.

Teilnahme am Verkehr

Die Teilnahme am Straßenverkehr ist im Alltag unvermeidlich und birgt Gefahren, die für Menschen mit Epilepsie besonders schwere Folgen haben können. Kleine Vorsichtsmaßnahmen können jedoch dazu beitragen, Risiken zu reduzieren und die Verkehrsteilnahme für Epilepsie-Patient:innen sicherer zu machen. Für Fahrradfahrer:innen mit Epilepsie (sowie generell für alle Radfahrer:innen) ist es wichtig, immer einen Helm zu tragen, um so das Verletzungsrisiko zu minimieren. Zusätzliche Sicherheit bringt es, Strecken zu wählen, die über weite Teile über gesonderte Radwege verfügen, oder das Rad nur auf Ausflügen (z. B. auf Feld- oder Waldwegen) zu fahren und Routen zu vermeiden, die verkehrsreich sind. In bestimmten Fällen. z. B. bei einem häufigen Auftreten von Anfällen, die das Bewusstsein bzw. die Handlungs- oder Handlungskontrolle beeinträchtigen, ist es ratsam, ganz auf das Fahrradfahren zu verzichten.

Fußgänger:innen mit Epilepsie sollten Straßen so weit wie möglich an gesicherten Übergängen wie Ampeln und Zebrastreifen überqueren. Zudem sollte man darauf achten, nicht direkt an der Bordsteinkante zu stehen, sondern für den Fall eines Sturzes stets auf einen Sicherheitsabstand zu Fahrbahn und Radweg zu achten. Der Sicherheitsabstand ist auch ratsam für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen — nicht zu nah an den Gleisen oder der Fahrbahn zu gehen oder stehen und erst bei Halt des Transportmittels loszugehen. Dadurch wird einem lebensbedrohlichen Sturz auf ein Gleis oder eine Fahrbahn vorgebeugt.

Eine Frau sitzt neben ihrem Fahrlehrer im Auto.

Grundsätzlich gilt: Menschen mit Epilepsie sind in der Regel nicht in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen, solange ein wesentliches Risiko besteht, dass weiterhin Anfälle auftreten. Wann das der Fall ist, ist in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (herausgegeben vom Bundesamt für Straßenwesen, BASt) geregelt. Unter bestimmten Bedingungen kann die Fahrtauglichkeit dennoch gegeben sein. Ob Fahrtauglichkeit besteht oder nicht, ist mit der behandelnden Neurologin/dem behandelnden Neurologen zu besprechen. Diese bzw. dieser wiederum ist verpflichtet, Patient:innen, bei denen epileptische Anfälle auftreten, über eine mögliche Fahruntauglichkeit aufzuklären.

Risikobereich Wasser

Für Menschen mit Epilepsie gibt es dann ein erhöhtes epilepsiebedingtes Ertrinkungsrisiko, wenn die Anfälle mit einem Verlust der Haltungskontrolle (mit oder ohne Bewusstseinsverlust) oder mit einem Verlust der Handlungskontrolle einhergehen. Was kann getan werden, um in den genannten Fällen das Ertrinkungsrisiko zu verringern?

Eine Frau nimmt ein entspannendes Bad.

Viele Menschen unterschätzen die Gefahr des Ertrinkens in der Badewanne. Das Risiko kann minimiert werden, indem das Duschen dem Baden vorgezogen wird. Wer nicht auf das Baden verzichten möchte, sollte das nur tun, wenn eine andere Person im Badezimmer anwesend ist, die im Falle eines Anfalls dafür sorgen kann, dass der Kopf über Wasser bleibt und das Wasser aus der Wanne ablaufen kann. Doch auch beim Duschen in der Badewanne oder einer höheren Duschwanne sollte darauf geachtet werden, dass das Wasser problemlos abfließen kann, beispielweise indem der Stöpsel vorher entfernt wird und nicht durch den Körper heruntergedrückt werden kann.


Schwimmen und andere Wassersportarten sind für Menschen mit Epilepsie mit besonders hohen Risiken verbunden. Bei häufigen Anfällen mit einem hohen Ertrinkungsrisiko sollte daher unter Umständen ganz auf das Schwimmen verzichtet werden. Grundsätzlich ist es ratsam, nur an offiziell beaufsichtigten Badestellen zu schwimmen sowie darauf zu achten, dass eine Begleitperson mitschwimmt, die (auch körperlich) in der Lage ist, die betroffene Person im Falle eines Anfalls aus dem Wasser zu ziehen. Dies gilt auch in Nichtschwimmerbecken oder im Whirlpool! An Stränden mit Rettungsschwimmer:innen und in Schwimm- und Freibädern empfiehlt es sich, die Rettungsschwimmer:innen oder Bademeister:innen vor dem Schwimmen zu informieren, so dass sie besonders achtsam und auf einen Rettungseinsatz vorbereitet sind. Gegebenenfalls sollte als Schwimmhilfe ein im Handel erhältlicher Schwimmkragen eingesetzt werden, der den Kopf über Wasser hält.

Epilepsie-Patient:innen mit einem erhöhten epilepsiebedingten Ertrinkungsrisiko sollten auf Wassersport wie Tauchen, Surfen, Wellenreiten oder Stand-Up-Paddling verzichten. Grundsätzlich sollten Menschen mit Epilepsie bei Aktivitäten auf und am Wasser (z. B. beim Bootsfahren) nicht unbeaufsichtigt bleiben und stets eine ohnmachtssichere Schwimmweste tragen. Diese speziellen Schwimmwesten sorgen dafür, dass der Kopf oben bleibt und die Betreffenden nicht mit dem Gesicht nach unten im Wasser liegen. Bei Spaziergängen am Wasser kann, wie im Straßenverkehr und an Gleisen, ein Sicherheitsabstand das Verletzungs- und Ertrinkungsrisiko bei einem Anfall verringern. Auch hier sollte gegebenenfalls eine Begleitperson dabei sein, die bei einem Anfall dafür Sorge tragen kann, dass die Betreffenden vom Wasser weggeführt werden.

Risikobereich Feuer

Ein erhöhtes epilepsiebedingtes Verbrennungsrisiko besteht bei Anfällen, bei denen es zu einem Verlust von Bewusstsein und Handlungskontrolle kommt und bei denen die Haltungskontrolle der betroffenen Person beeinträchtigt ist. Es können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um in diesen Fällen das Verbrennungsrisiko zu verringern. So sollten Epilepsie-Patient:innen:

  • vorsichtig im Umgang mit offenem Feuer (beim Grillen, Lagerfeuer, Kamin) sein. Kamine können z. B. mit einer Glasplatte geschützt werden; beim Lagerfeuer und beim Grillen sollte genügend Abstand zum Feuer gehalten werden und es sollte eine weitere Person zugegen sein, um notfalls eingreifen zu können.
  • beim Kochen nur die hinteren Herdplatten benutzen. Pfannenstiele sollten nicht vom Herd in die Küche hineinragen.
  • den Herd optional durch einen besonderen Herdschutz sichern. Bewegt sich die erkrankte Person im Anfall jedoch hin und her, fasst dabei Gegenstände an und bringt sie an andere Orte, ist auch ein Herdschutz nicht ausreichend. In Einzelfällen muss dann eventuell vollständig auf das Kochen verzichtet werden. Alternativ kann mit einer anderen Person gemeinsam gekocht und dieser Person dann die Tätigkeit am Herd überlassen werden.
  • heiße Flüssigkeiten nicht über weite Strecken transportieren.
  • bei Küchengeräten (z. B. Kaffeemaschinen, Wasserkochern) entsprechende Vorkehrungen treffen – so kann beispielsweise eine Kaffeemaschine angeschafft werden, mit der jeweils nur eine Tasse zubereitet werden kann. Wasserkocher sollten im hinteren Bereich der Arbeitsplatte in der Küche stehen und über eine automatische Abschaltung verfügen.

Das persönliche Umfeld über Epilepsie informieren

Ausgelassene Unterhaltung zwischen jungen Menschen

Die Frage nach dem offenen Umgang mit der Erkrankung beschäftigt nicht nur Menschen, die ihren ersten Anfall erlitten oder vor kurzem die Diagnose bekamen. Auch Veränderungen der privaten oder beruflichen Situation können dazu führen, dass sich Epilepsie-Patient:innen fragen, mit wem und zu welchem Zeitpunkt sie über ihre Erkrankung reden sollten - und welche Informationen sie dabei weitergeben sollen. In manchen Situationen besteht die Verpflichtung, die Epilepsie anzugeben, auch wenn nicht danach gefragt wird. Dies ist zum Beispiel der Fall beim Abschluss einer Lebensversicherung oder privaten Krankenversicherung sowie bei der Übernahme in ein Beamtenverhältnis.


Es ist verständlich, wenn es Menschen mit Epilepsie schwerfällt, über ihre Krankheit offen zu sprechen, da sie leider immer noch mit Unverständnis und Ablehnung in der Gesellschaft rechnen müssen. Inwieweit es dennoch notwendig ist, offen mit der Epilepsie umzugehen, ist auch von der Anfallsform und -häufigkeit abhängig. Auch in Situationen, in denen es den Betroffenen überlassen bleibt, ob sie ihre Erkrankung mitteilen wollen oder nicht, z. B. gegenüber Partner:innen, dem Freundeskreis, Arbeitskolleg:innen, Mitstudierenden oder Bekannten aus dem Umfeld wie Sportvereinen oder Reisegruppen, kann das Ansprechen von Epilepsie von Vorteil sein, wenn die Epilepsie-Patient:innen nicht anfallsfrei sind oder mit Einschränkungen leben müssen und deshalb auf ein gewisses Verständnis und Rücksichtnahme durch die Mitmenschen angewiesen sind. Darüber hinaus mindert es die Last, die Krankheit zu verheimlichen, die Angst, entdeckt zu werden, und die Gefahr, dass bei einem Anfall nicht sachgemäß reagiert wird.

Information baut Vorurteile ab

Oft ist das Umfeld eines Menschen mit Epilepsie dankbar für einen offenen Umgang, der mit einer Information über Epilepsie und das individuelle Krankheitsbild einhergeht. Durch ein Verständnis der Krankheit und persönliche Bekanntschaft mit Betroffenen werden Ängste und Vorurteile abgebaut, die durch fehlende Aufklärung oder das unvorbereitete Miterleben eines Anfalls entstehen können.

Viele Epilepsie-Patient:innen müssen erst lernen, offen mit ihrer Erkrankung umzugehen. Dies liegt an den Risiken, die damit verbunden sind. Es kann sein, dass sich Bekannte wie neue Partner:innen oder Freund:innen zurückziehen oder man bei einer Bewerbung eine Absage erhält, wenn die für die Einstellung verantwortliche Person von der Erkrankung weiß.

Trotz alledem gibt es einen positiven Trend, der Grund zur Hoffnung gibt. In der Gesellschaft verändert sich die Einstellung gegenüber Menschen mit Epilepsie positiv und Betroffene machen immer weniger negative Erfahrungen bei einem offenen Umgang mit ihrer Erkrankung. Während Ende der 60er Jahre noch fast ein Drittel der Bevölkerung dachte, dass es sich bei Epilepsie um eine Geisteskrankheit handelt und sich ein Viertel gegen eine Eingliederung der Betroffenen in den Arbeitsmarkt aussprach, sind beide Zahlen inzwischen auf etwa 10 % gesunken.

Dies zeigt, dass sich durch kontinuierliche Aufklärung der Bevölkerung und Offenheit der Epilepsie-Patient:innen die Einstellungen gegenüber den betroffenen Menschen mit Epilepsie positiv verändern kann, so dass Vorurteile und Ängste in der Gesellschaft abnehmen.

Was mitteilen?

Bei Ansprache der Epilepsie ist mit unterschiedlichen Reaktionen zu rechnen, die vor allem vom Wissensstand des Gegenübers abhängen. Während einige Menschen schon etwas über das Krankheitsbild wissen oder jemanden kennen, der ebenfalls Epilepsie hat, begegnen andere dem Thema zum ersten Mal. Es ist also ratsam, zunächst einmal herauszufinden, inwieweit die Gesprächspartner:innen über Epilepsie Bescheid wissen und ob eventuelle Fehlinformationen vorliegen.

Das Interesse der Gesprächspartnerin/des Gesprächspartners kann sich auf zwei Aspekte richten:
  • Wie äußert sich die Epilepsie-Erkrankung bei der betroffenen Person?
  • Informationen zur Epilepsie im Allgemeinen: Ist Epilepsie behandel- und heilbar? Gibt es unterschiedliche Arten von Epilepsie? Haben Medikamente starke Nebenwirkungen? Können Anfälle durch psychische Belastungen ausgelöst werden? Warum treten bei einigen Menschen Anfälle auf - bei anderen jedoch nicht? Wie häufig kommen Epilepsien in der Bevölkerung vor?

Beim Erklären der Epilepsie-Erkrankung sollten sich Epilepsie-Patient:innen an folgenden Fragen orientieren:
  • Was ist Epilepsie, was sind epileptische Anfälle?
  • Wie äußern sich die Anfälle der erkrankten Person? Woran können Außenstehende erkennen, dass die erkrankte Person einen Anfall hat?
  • Wie sollten sich Außenstehende bei einem Anfall verhalten? Benötigt die betroffene Person Hilfe - und muss eventuell sogar eine Ärztin/ein Arzt gerufen werden?
  • Besteht bei einem Anfall Verletzungsgefahr?
  • Wie häufig können die Anfälle bei der betroffenen Person auftreten?

Nur Mut

Es ist absolut verständlich, dass es für Menschen mit Epilepsie noch immer schwer ist, die Erkrankung offen anzusprechen. Oftmals kann es dauern, bis sich Epilepsie-Patient:innen mit ihrer Krankheit soweit auseinandergesetzt haben, dass sie offen über die Erkrankung sprechen können.

Obgleich ein Leben mit Epilepsie immer wieder Hürden und Einschränkungen mit sich bringt, ist die Krankheit bei fachgerechter Behandlung in der Regel gut kontrollierbar. Es gilt: Fast alles ist möglich! Das Leben der meisten Menschen mit Epilepsie unterscheidet sich auf lange Sicht kaum von dem ihrer Mitmenschen ohne Epilepsie. Ein offener Umgang kann dabei helfen, Ängste zu lösen, Selbstvertrauen zu gewinnen und sich in der Öffentlichkeit und im Beisein anderer Menschen sicherer zu fühlen.

Epilepsie und Schwerbehinderung

Schachbrettmuster mit Symbolen zum Thema Behinderung

Der Schwerbehindertenausweis ist für Menschen gedacht, die aufgrund von Einschränkungen körperlicher, geistiger oder seelischer Art in ihrer gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt sind. Menschen mit einer Epilepsie haben folglich grundsätzlich die Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Durch einen Schwerbehindertenausweis haben Menschen mit Epilepsie Zugang zu Nachteilsausgleichen, die aufgrund geistiger, seelischer oder körperlicher Einschränkungen beispielsweise in Hinblick auf das Alltags- und Berufsleben entstehen. Der Schwerbehindertenstatus hat allerdings nicht nur Vorteile, sondern kann auch Nachteile mit sich bringen, insbesondere bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz. Die Vor- und Nachteile sollten daher abhängig von der jeweiligen Lebenssituation sorgfältig abgewogen werden. 

Wann liegt eine Schwerbehinderung vor?

Eine Schwerbehinderung liegt bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS), oder Grad der Behinderung (GdB), wie es früher genannt wurde, von mindestens 50 vor. Bei der Beurteilung des GdS/GdB spielt die Anfallssituation eine wesentliche Rolle (siehe Tabelle). Aber auch bei Anfallsfreiheit rechtfertigt die Notwendigkeit von Anti-Anfallsmedikamenten noch einen GdS/GdB von 30. Erst nach 3 Jahren Anfallsfreiheit ohne Medikamente besteht in der Regel kein Anspruch mehr auf einen Behindertenstatus, wenn kein nachgewiesener Hirnschaden besteht. Weitere Informationen liefert die nachfolgende Tabelle der Deutschen Epilepsievereinigung e. V.
Epileptische Anfälle (je nach Art, Schwere, Häufigkeit und tageszeitlicher Verteilung)
Grad der Schädigungsfolgen (GdS) bzw. Grad der Behinderung (GdB)
sehr selten
generalisierte (große) und fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung mit Pausen von mehr als einem Jahr; fokale Anfälle ohne Bewusstseinsstörung mit Pausen von Monaten 40
selten
generalisierte [große] und fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung mit Pausen von Monaten; fokale Anfälle ohne Bewusstseinsstörung mit Pausen von Wochen 50 - 60
mittlere Häufigkeit
generalisierte (große) und fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung mit Pausen von Wochen; fokale Anfälle ohne Bewusstseinsstörung mit Pausen von Tagen 60 - 80
häufig
generalisierte (große) und fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung wöchentlich oder Serien von generalisierten Krampfanfällen, von fokal betonten oder von multifokalen Anfällen; fokale Anfälle ohne Bewusstseinsstörung täglich 90 - 100
nach 3 Jahren Anfallsfreiheit bei weiterer Notwendigkeit einer Behandlung mit Anti-Anfallsmedikamenten 30

Ein Anfallsleiden gilt als abgeklungen, wenn ohne Medikation 3 Jahre Anfallsfreiheit besteht. Ohne nachgewiesenen Hirnschaden ist dann kein GdS/GdB mehr anzunehmen.

Frau im Businesslook im Rollstuhl

Vorteile des Schwerbehindertenstatus

Im Schwerbehindertenrecht wird davon ausgegangen, dass Menschen mit einer chronischen Krankheit oder Behinderung im Alltag und Berufsleben Benachteiligungen erfahren. Diese Benachteiligungen sollen durch die Gewährung von Nachteilsausgleichen in Form von Schutzrechten oder Leistungsansprüchen abgemildert oder ausgeglichen werden. Ein wesentlicher Vorteil eines Schwerbehindertenausweises ist der besondere Kündigungsschutz bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Arbeitgeber:innen können schwerbehinderten Arbeitnehmer:innen nur dann kündigen, wenn das Integrationsamt zugestimmt hat.



Somit stellt der Schwerbehindertenausweis quasi die Zugangsberechtigung für folgende Nachteilsausgleiche dar:

  • Besonderer Kündigungsschutz
  • Steuerliche Vergünstigungen
  • Freistellung von Mehrarbeit
  • Zusatzurlaub (5 Tage zusätzlicher bezahlter Urlaub)
  • Stundenermäßigung bei Lehrkräften (Landesrecht)
  • Begleitende Hilfe im Arbeitsleben
  • Vorgezogene Altersrente
  • Arbeitgeber:innen können finanzielle Unterstützung erhalten
  • Ermäßigte Eintrittsgelder

Neben dem GdS/GdB kann der Schwerbehindertenausweis noch eine Reihe von Merkzeichen enthalten, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Je nach Merkzeichen gibt es dann Anspruch auf zusätzliche, besondere Nachteilsausgleiche, wie z. B. Vergünstigungen im Nahverkehr und das Anrecht auf das Mitführen einer Begleitperson. 

Wo und wie wird der Schwerbehindertenausweis beantragt?

Antragsformulare für den Schwerbehindertenausweis gibt es beim Integrationsamt (früher Versorgungsamt) oder der zuständigen Kommunalverwaltung. Auch können verschiedene gemeinnützige Vereine, Hauptfürsorgestellen, Vertrauensleute für Schwerbehinderte in Betrieben und Sozialarbeiter:innen in Kliniken behilflich sein. Das Amt prüft die Voraussetzungen auf Grundlage ärztlicher Befundberichte oder bei der Beantragung mitgeschickter Arztbriefe, erstellt einen Bescheid und stellt den Ausweis aus. 

Epilepsie und Reisen

Es ist für viele Menschen eine besondere Erfahrung, auf Fernreisen neue Länder und Kulturen zu entdecken. Bei den meisten Menschen mit einer Epilepsie bestehen keine berechtigten Bedenken gegen Urlaubsreisen. Auch mit Epilepsie muss man auf Flug- und Fernreisen nicht verzichten.

Allerdings sollten Epilepsie-Patient:innen darauf achten, dass der zur Entspannung gedachte Urlaub nicht mit allzu großen Anspannungen und Anstrengungen verbunden ist. Die Vorbereitung und Organisation erfordern selbst bei Pauschalreisen eine gewisse Planung und Sorgfalt. Bei Menschen mit Epilepsie ist dabei die Liste der Dinge, die im Vorfeld eines Urlaubs berücksichtigt werden müssen, in der Regel etwas länger als bei Menschen ohne Epilepsie-Erkrankung. Bei Aktivitäten am Urlaubsort sind dieselben Dinge zu beachten, die es auch daheim zu berücksichtigen gilt. Letztlich müssen auch während des Urlaubs bei allen Unternehmungen die Nutzen und Risiken gegeneinander abgewogen werden. Bei einer Epilepsie spielen dabei die Art und Häufigkeit der Anfälle sowie die Medikation und mögliche Nebenwirkungen die wichtigste Rolle.

Damit der Urlaub wie geplant stattfinden kann, haben wir für Sie einige hilfreiche Vorbereitungs- und Reisetipps zusammengestellt.

Internationaler Epilepsie-Notfallausweis (IENA)

Es ist ratsam, sich vor einer Reise rechtzeitig um den Internationalen Epilepsie-Notfallausweis (IENA) zu kümmern. Man kann ihn unter anderem bei der Bundesgeschäftsstelle der Deutschen Epilepsievereinigung e. V. bestellen. Dieser Ausweis enthält die wichtigsten Angaben zur Epilepsie-Erkrankung und der aktuellen Therapie und liefert Notärzt:innen und Rettungspersonal, aber auch Ersthelfer:innen, wichtige Informationen. Der IENA sollte über die gesamte Reisedauer für Außenstehende leicht auffindbar am Körper getragen werden.

Epilepsie und Fliegen

Wichtig ist die rechtzeitige Information über die Anforderungen der entsprechenden Fluggesellschaft. Die meisten Fluggesellschaften verlangen ein ärztliches Attest (oder halten es zumindest für sinnvoll), das Angaben zum Anfallstyp, zu Medikamenten sowie ggf. zur Notwendigkeit von Begleitpersonen enthält. Einzelne Gesellschaften verlangen auch eine spezielle Bescheinigung zur Flugtauglichkeit.

Eine Frau läuft mit ihrem Koffer durch den Flughafen zum Gate.

Reisen mit Zeitverschiebung

Bei Fernreisen ist besonders darauf zu achten, dass sich durch die Zeitverschiebung der Schlaf-Wach-Rhythmus ändert. Dies bezieht sich nicht nur auf den Flug selbst, sondern betrifft meist auch die folgenden zwei bis drei Tage. Wann immer möglich, sollte man seinen normalen Rhythmus nicht abrupt umstellen und frühzeitig gemeinsam mit der behandelnden neurologischen Facharztpraxis einen Plan für die Umstellung des Schlafrhythmus und die daran angepasste Medikamenteneinnahme erstellen. Bei einer geringen Zeitverschiebung von 1 bis 2 Stunden können die Medikamente entsprechend der Heimatzeit eingenommen werden. Eine Uhr, die auf die Heimatzeit eingestellt bleibt, erleichtert dabei die zeitgenaue Einnahme. Alternativ kann der Handyalarm oder die Erinnerungsfunktion eines Smartphones an die pünktliche Tabletteneinnahme erinnern.


Bei Reisen in Länder mit größerer Zeitverschiebung empfiehlt es sich dagegen, die Einnahme der Medikamente an die Zeitverschiebung – in vorheriger Absprache mit der behandelnden Neurologin bzw. dem behandelnden Neurologen – anzupassen.

Generell gilt: Bei Flügen nach Westen kommt es zu einem „Zeitgewinn“ (der Reisetag verlängert sich) und bei Flügen nach Osten zu einem „Zeitverlust“ (der Reisetag verkürzt sich). In Abhängigkeit vom Ausmaß der Zeitverschiebung sollte man die Dosis der Medikamente am Reisetag erhöhen beziehungsweise vermindern. Die veränderte Tagesdosis lässt sich durch die beiden nachfolgenden Formeln berechnen:

Zusätzliche Dosis: Anzahl „gewonnener“ Stunden / (24 x Tagesdosis)
Verringerte Dosis: (24 – „verlorene“ Stunden) / (24 x Tagesdosis)

Wann bzw. ob Epilepsie-Patient:innen auf Reisen zusätzliche Dosen der ihnen verordneten Medikamente einnehmen oder „überflüssige“ weggelassen sollten, hängt neben dem Ausmaß der Zeitverschiebung auch von der sogenannten Halbwertszeit der Medikamente und der Tageszeit des Fluges ab. Im Zweifelsfall sollte man unbedingt mit seiner behandelnden Ärztin/ seinem behandelnden Arzt Rücksprache halten.

Für manche Epilepsie-Patient:innen empfehlen Neurologinnen und Neurologen die zusätzliche Einnahme eines Notfallmedikaments vor Beginn der Flugreise, um einen Anfall während des Fluges zu vermeiden. Dieses Vorgehen darf nur in Absprache mit der behandelnden Neurologin bzw. dem behandelnden Neurologen erfolgen.

Medikamentenmitnahme

Es ist empfehlenswert, einen ausreichenden Vorrat der benötigten Medikamente mitzunehmen. Informieren Sie sich über die Einfuhrbestimmungen für Medikamente Ihres Reiselandes und führen Sie ein (mehrsprachiges) Schreiben der Arztpraxis mit einer kurzen Beschreibung des Krankheitsbildes sowie der verordneten Medikamente mit sich, um Probleme bei der Einreise oder Kontrollen an Flughäfen zu vermeiden. Nicht alle Medikamente sind im Ausland erhältlich und unterschiedliche Handelsnamen, Verpackungen und Dosierungen können zu Verwechslungen und Problemen führen. Daher sollten die Medikamente in den Originalverpackungen belassen werden. Sogenannte Blisterpackungen mit einer Abdeckung aus Aluminiumfolie bieten einen optimalen Schutz vor Feuchtigkeit oder Verunreinigungen. Zudem empfiehlt es sich, die Medikamente in ausreichender Zahl sowohl im Handgepäck als auch im Koffer mitzuführen.

Eine Gruppe junger Menschen fährt Mountainbike im Wald.

Aktivurlaub

Freizeitaktivitäten und Sport sind für viele besonders im Urlaub wichtig. Sie bieten eine wunderbare Möglichkeit, Länder und Gegenden zu erkunden. Bei Anfallsfreiheit bestehen kaum Einschränkungen und auch für nicht anfallsfreie Epilepsie-Patient:innen ist die Ausübung vieler sportlicher Aktivitäten möglich. Es sollte jedoch unbedingt darauf acht gegeben werden, sich nicht zu übernehmen und Überanstrengung zu vermeiden. Grundsätzlich gelten im Urlaub die gleichen Sicherheitsvorkehrungen wie zu Hause. Letztlich gilt auch hier, dass Nutzen und Risiken gegeneinander abgewogen werden müssen. Bei einer Epilepsie spielen dabei die Art und Häufigkeit der Anfälle sowie die Medikation und mögliche Nebenwirkungen die wichtigste Rolle. Zudem ist zu beachten, dass es Gefahrenzonen und besonders risikobehaftete Situationen (z. B. beim Sport) gibt, bei denen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden sollten. Mehr Tipps und Informationen zum Thema gibt es unter Sport und Ernährung bei Epilepsie.

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Letzte Aktualisierung: Oktober 2023