UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.

Epilepsie und Kindergarten

Der Besuch einer Kindertagesstätte (KiTa), einer Krippe oder eines Kindergartens ist für die meisten Kinder ein wichtiger Bestandteil ihrer Kindheit. Neben der Möglichkeit, erste Freundschaften zu schließen, lernen Kinder dort Sozialverhalten, die Eingliederung in eine Gruppe und den Umgang mit Konflikten. Sie werden in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gestärkt, durch die pädagogische Betreuung in individuellen Fähigkeiten geschult und gewinnen ein wichtiges Maß an Selbstständigkeit und Selbstvertrauen. Ein Kind mit Epilepsie hat — wie jedes andere Kind auch — ein gesetzlich festgelegtes Anrecht auf den Besuch eines Kindergartens. Auch Kinder mit Epilepsie können so lernen, sich außerhalb ihres gewohnten Familienumfelds einzuordnen, anzupassen und zu behaupten und sich damit sozial zu entwickeln.

Welcher Kindergarten ist geeignet?

Soweit keine anderweitigen Einschränkungen oder Behinderungen vorliegen, sollte ein altersgerecht entwickeltes Kind einen Regelkindergarten besuchen, auch wenn keine Anfallsfreiheit besteht.

Eine Gruppe Kinder spielt unter Aufsicht der Erzieherin im Kindergarten.

Je nachdem, welchen Entwicklungsstand und Betreuungsbedarf ein Kind hat und welche zusätzlichen Krankheiten oder Behinderungen neben der Epilepsie vorliegen, ist es empfehlenswert, den Besuch eines integrativen oder heilpädagogischen Kindergartens zu erwägen. 

Aktuelle Informationen zu Ausrichtungen der Kindertagesstätten im Umkreis des Wohnortes können bei den Jugendämter der Stadt oder des Landkreises erfragt werden. Im Netz hat beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen einen KiTa-Finder, der zu den Einrichtungen auch Detail-Angaben zum pädagogischen Konzept listet.

Über Epilepsie informieren und aufklären

Kommt ein epilepsiekrankes Kind in den Kindergarten, ist es wichtig, die Erzieher:innen über die Krankheit aufzuklären. Die Betreuungspersonen sollten sowohl hinsichtlich der Anfälle als auch etwaiger bestehender zusätzlicher Störungen und Auffälligkeiten, beispielsweise motorischer Art oder im Verhaltensbereich, informiert werden. Darüber hinaus ist es wichtig, Vorsichtsmaßnahmen mit den Erzieher:innen abzusprechen, z. B. aufmerksame Überwachung bei der Benutzung von Klettergerüsten oder beim Aufenthalt im Planschbecken. Rechtlich gesehen sind Erzieher:innen bei einem Unfall im Anfall nicht haftbar zu machen, es sei denn sie hätten vorsätzlich oder grob fahrlässig ihre Aufsichtspflicht verletzt.

Alle betreuenden Personen und Eltern sollten über Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem Anfall im Kindergarten, auf Ausflügen oder bei einem Besuch anderer Familien oder Feste aufgeklärt werden. Folgende Fragen sollten u. a. vorab geklärt werden:

  • Wie fängt ein Anfall an und wie bemerkt man ihn?
  • Was ist die übliche Anfallsform?
  • Welches sind die Hauptsymptome des Anfalls?
  • Verliert das Kind das Bewusstsein?
  • Wie häufig ist etwa mit einem Anfall zu rechnen (wann war der letzte Anfall)?
  • Wie lange dauert der Anfall in der Regel?
  • Wie ist das Kind zu schützen, damit es sich nicht verletzt?
  • Wie verhält sich das Kind nach einem Anfall? Wie lange dauert es, bis sich das Kind wieder völlig normal verhält?
  • Wann braucht das Kind ärztliche Hilfe (Kontaktdaten der behandelnden Arztpraxis)?
  • Wann soll der ärztliche Notfalldienst hinzugerufen werden (mit Angabe der Telefonnummer)?
  • Wer soll gegebenenfalls verständigt werden (mit Angabe der Telefonnummern)?
  • Was sind gegebenenfalls erforderliche Notfallmaßnahmen? Braucht das Kind ein Notfallmedikament und wann und wie soll man es ihm verabreichen?
  • Darf das Kind das Notfallmedikament bei sich behalten oder soll eine erwachsene Person damit betraut werden?
  • Was sind die aktuellen Medikamente und müssen diese während der Betreuung verabreicht werden?
  • Was ist gegebenenfalls bei der Einnahme zu beachten?
  • Was darf das Kind gegebenenfalls wegen seiner Epilepsie nicht machen (z. B. alleine baden oder auf hohe Bäume oder Spielgeräte klettern)?

Bei diesen Informationen ist auch wichtig, dass sie immer auf dem neuesten Stand sind. Man sollte sie am besten mit einem Datum versehen und etwa alle sechs Monate überprüfen, ob sich Veränderungen, beispielsweise bei den Medikamenten oder Telefonnummern, ergeben haben.

Wenn die Betreuer:innen mit der Erkrankung und dem Anfall eines Kindes angstfrei und offen umgehen, werden auch die anderen Kinder den Anfall nicht als bedrohlich empfinden. Durch den Umgang mit der Krankheit können die übrigen Kinder Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme und Verständnis für Menschen mit Krankheiten und Behinderungen erlernen. Hier kann es hilfreich sein, die Kinder altersgerecht mit entsprechenden Materialien über Epilepsie zu informieren.

Wichtig für ein Kind mit Epilepsie ist ein geregelter Tagesablauf. Das beinhaltet ausreichenden, regelmäßigen Schlaf, ein überschaubarer, strukturierter Tagesablauf, ausreichend Bewegung, eine gesunde Ernährung und natürlich eine regelmäßige Medikamenteneinnahme.

Erste Hilfe-Maßnahmen im Kindergarten

Teddybär

Epileptische Anfälle können für Außenstehende bedrohlich wirken und Kinder wie Erwachsene vorübergehend verängstigen. Betrachtet man jedoch alle Epilepsien im Kindesalter, dann kann man generell von einer guten Krankheitsvorhersage (Prognose) sprechen: Etwa
70 % der Epilepsien im Kindesalter werden mit oder ohne medikamentöse Behandlung anfallsfrei; bei fast der Hälfte aller Kinder mit Epilepsie kann die medikamentöse Therapie dauerhaft beendet werden. Epileptische Anfälle hören in der Regel nach wenigen Sekunden oder Minuten von selbst auf. Der einzelne Anfall verursacht keine bleibenden Gehirnschäden und auch keine geistigen Behinderungen, auch wenn es unmittelbar nach einem Anfall – abhängig von der betroffenen Region im Gehirn – zu vorübergehenden motorischen oder sprachlichen Störungen und extremer Müdigkeit und Vergesslichkeit kommen kann. Besonders bei fachgerecht behandelten Epilepsien bleiben Anfälle fast immer vorübergehende, kurze Störungen des Alltags.

Betreuer:innen sollten sich der allgemeinen Verhaltensregeln bei sogenannten „großen“ Anfällen bewusst sein.

So bedrohlich ein generalisierter tonisch-klonischer Anfall auch aussehen mag, er ist für die Betroffenen in aller Regel nicht lebensgefährlich. Für das richtige Verhalten bei einem Anfall können die nachfolgenden Tipps und Regeln herangezogen werden:

  • Ruhe bewahren!
  • Die Zeit stoppen. Einzelne epileptische Anfälle sind in der Regel kein Notfall. Dauert der Anfall länger als 5 Minuten, sollte eine Notärztin/ein Notarzt gerufen werden.
  • Vermeidung von Verletzungen durch Stürze
    • Kind aus möglicher Gefahrenzone bringen (Treppe, Klettergerüst, etc.)
    • Gefährdende Gegenständen beiseite räumen (z. B. Möbel mit scharfen Kanten)
    • Den Kopf und Körper geschützt lagern: enge Kleidung lockern, Brille absetzen, dem Kind etwas Weiches unter den Kopf legen (Kissen, Oberschenkel, etc.)
  • Nicht festhalten! Auch keine Gegenstände gewaltsam zwischen die Zähne schieben
  • Bei dem Kind bleiben, ihm ruhig zusprechen bis es die Orientierung wiedererlangt hat.
  • Das Kind nach dem Anfall in die stabile Seitenlage bringen und ansprechen, für eine geeignete Ruhemöglichkeit sorgen.
  • Vergewissern, dass sich das Kind nicht verletzt hat.

Damit Betreuer:innen, Betroffene, deren Familien und Interessierte in einer Anfallssituation angemessen reagieren können, hat das Informationszentrum Epilepsie der deutschen Gesellschaft für Epileptologie ein entsprechendes Infoblatt herausgegeben. Im Infopool der Organisation Deutsche Epilepsievereinigung e. V. sind weitere Materialien zugänglich, die den Umgang und Alltag mit der Erkrankung erleichtern können. Auch das Lehrerpaket des Landesverbands Epilepsie Bayern e. V. kann bei Fragen weiterhelfen und informieren.

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Letzte Aktualisierung: Oktober 2023