UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie: News und Aktuelles.UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie: News und Aktuelles.

Epilepsie und Kinderwunsch

Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen und betrifft allein in Deutschland bis zu 800.000 Menschen. Darunter sind auch viele Frauen im gebärfähigen Alter und mit Kinderwunsch. Überschattet wird die Familienplanung allerdings häufig durch die Unsicherheit, ob sich die Epilepsie während der Schwangerschaft verschlechtert, ob der Fötus durch Anti-Anfallsmedikamente oder Anfälle geschädigt werden kann, ob eine normale Geburt möglich ist oder ob die Erkrankung an das Kind vererbt werden kann.

Die gute Nachricht ist: Epilepsie-Expert:innen sind sich heute einig, dass die Erkrankung in der Regel kein Grund ist, auf eigene Kinder zu verzichten. Denn in den meisten Fällen verlaufen Schwangerschaften bei Frauen mit Epilepsie komplikationslos. Um dies zu unterstützen, sollten sich Frauen mit Epilepsie und Kinderwunsch jedoch möglichst frühzeitig (idealerweise schon zwei Jahre vorher) mit ihrer Neurologin bzw. ihrem Neurologen besprechen, um die Besonderheiten einer Schwangerschaft bei Epilepsie zu thematisieren.

Eine schwangere Frau isst einen Salat mit Tomate und Paprika.

Vor der Schwangerschaft

Fakt ist, dass Epilepsie nur selten vererbt wird: So erkranken mehr als 95 % der Kinder epilepsiebetroffener Eltern nicht an einer Epilepsie. Umgekehrt entwickelt 1 % aller Kinder, deren Eltern keine Epilepsie haben, im Laufe des Lebens ein Anfallsleiden. Entsprechend kann das Risiko, die Erkrankung an seine Kinder weiterzugeben, als nur leicht erhöht bezeichnet werden. Tritt Epilepsie in der Familie gehäuft auf oder besteht der Verdacht auf eine erbliche Form, könnte eine genetische Abklärung hingegen sinnvoll sein.

Allen Frauen mit Kinderwunsch (und solchen, die ungeplant schwanger werden könnten) empfehlen Gynäkolog:innen die frühzeitige Einnahme von Folsäure. Das B-Vitamin spielt bei allen Prozessen der Zellbildung und -teilung im menschlichen Körper eine wichtige Rolle. Ein Mangel an Folsäure kann unter anderem zu sogenannten Neuralrohr-Defekten beim Kind (z. B. Spina bifida) führen. Das Neuralrohr, aus dem sich später das zentrale und periphere Nervensystem des Kindes entwickelt, wird schon in der zweiten bis dritten Schwangerschaftswoche gebildet und schließt sich in der vierten Woche, wenn Frauen oft noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Daher sollten Frauen mit Kinderwunsch mindestens vier Wochen vor der Schwangerschaft täglich 400 µg Folsäure mit der Nahrung und zusätzlich 400 µg über Nahrungsergänzungsmittel aufnehmen, rät der Berufsverband der Frauenärzt:innen. Da einige Epilepsiemedikamente einen Folsäuremangel hervorrufen können, liegt die empfohlene Folsäuredosis für Frauen mit Epilepsie bei
4 bis 5 mg täglich und damit deutlich höher.

Eine schwangere Frau nimmt Medikamente mit einem Glas Wasser ein.

Medikamente vor und während der Schwangerschaft

Dass vor allem die klassischen Anti-Anfallsmedikamente (Valproinsäure, Carbamazepin, Phenobarbital/Primidon und Phenytoin) das heranwachsende Kind schädigen können, sollte in der Behandlung von Epilepsie-Patientinnen schon früh berücksichtigt werden. Dabei gilt Valproinsäure als riskantester Wirkstoff für den Embryo. Daher sollte, wenn möglich, auf dieses Anti-Anfallsmedikament im gebärfähigen Alter verzichtet werden, empfehlen die Expert:innen von Embryotox, einem Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Mädchen, die als Kind auf Valproinsäure eingestellt wurden, sollten spätestens mit Beginn der Pubertät auf ein neues Medikament umgestellt werden. Als Mittel der Wahl gelten Embryotox zufolge Lamotrigin und Levetiracetam.

Weiterhin raten Expert:innen, die Behandlung nach Möglichkeit mit nur einem Medikament (Monotherapie) durchzuführen, da eine Kombination mehrerer Anti-Anfallsmedikamente auch bei neueren Präparaten zu einer erhöhten Rate von Entwicklungsstörungen zu führen scheint. Die Medikamentendosis sollte außerdem möglichst niedrig sein. Wichtig ist jedoch, dass der Medikamentenspiegel im Blut der Schwangeren auf dem Niveau vor der Schwangerschaft bleibt. Aufgrund der physiologischen und hormonellen Veränderungen während der Schwangerschaft kann daher eine Erhöhung der Dosis erforderlich sein, was für das Kind Expert:innen zufolge allerdings keine Gefahr darstellt.

Unterstützen können Sie all dies, indem Sie Ihre Medikamente zuverlässig und wie verordnet einnehmen und für ausreichend und regelmäßigen Schlaf sorgen. Darüber hinaus scheint es für den Fötus besser zu sein, wenn der Medikamentenspiegel im Blut möglichst konstant ist. Das kann durch Präparate, die den Wirkstoff nach und nach freisetzen (Retardpräparate), oder durch Verordnung mehrerer Tagesdosen erreicht werden.

Anfallssituation bleibt meist unverändert

Hinsichtlich der Sorge, die Schwangerschaft könnte sich negativ auf das Anfallsgeschehen auswirken, können Expert:innen ebenfalls beruhigen: So zeigte das europäische Register für Schwangerschaften unter Antiepileptika (EURAP), dass das Anfallsgeschehen bei fast zwei Dritteln (66 %) der Epilepsiepatientinnen während der Schwangerschaft stabil blieb, bei 16 % nahm die Anfallsfrequenz sogar ab. Rund 18 % der betroffenen Frauen hatten während der Schwangerschaft jedoch mehr Anfälle. Gründe hierfür waren neben schwangerschaftsbedingten Veränderungen bei der Verstoffwechslung der Medikamente und hormonellen Veränderungen vor allem Schlafstörungen, vermehrtes Erbrechen und das eigenständige Absetzen der Medikamente, um das Kind zu schützen. Allerdings können auch Anfälle während der Schwangerschaft, vor allem generalisierte tonisch-klonische Anfälle, oder anfallsbedingte Folgen wie Stürze das ungeborene Kind gefährden.

Die Geburt des Kindes selbst kann in den meisten Fällen auf natürlichem Weg erfolgen. Die Epilepsie ist Expert:innen zufolge jedenfalls meist kein Grund, zwingend einen Kaiserschnitt durchzuführen. Diese Form der Entbindung sollte dann in Betracht gezogen werden, wenn die Anfälle sehr häufig auftreten oder wenn es während der Geburt zu Anfällen kommt. Da sich eine Geburt oft über viele Stunden hinzieht, ist es wichtig, auch im Kreißsaal die Anti-Anfallsmedikamente weiter einzunehmen.

Ein neugeborenes Kind schläft in den Armen seiner Mutter.

Stillen ist möglich

Ist das Baby auf der Welt, steht häufig die Frage im Raum, ob es aufgrund der Medikamente, die die Mutter einnimmt und die in unterschiedlichem Ausmaß auch in die Muttermilch übergehen, gestillt werden darf. Auch hier sind sich die Expert:innen weitgehend einig: Solange es dem Kind gut geht, darf es – unter Berücksichtigung der Gebrauchsinformation der eingenommenen Medikation sowie nach Rücksprache mit der Neurologin bzw. dem Neurologen und der Kinderärztin bzw. dem Kinderarzt – gestillt werden. Sollte es aber ungewöhnlich müde wirken, schlecht trinken und dadurch nicht ausreichend an Gewicht zunehmen, sollte das Stillen beendet werden. Doch auch auf die frisch gebackene Mutter kann das Stillen negative Auswirkungen haben: So kann Schlafentzug infolge des nächtlichen Stillens zu vermehrten Anfällen führen. Hier hilft es, abends Muttermilch abzupumpen, die die Partnerin bzw. der Partner dann nachts über ein Fläschchen verfüttern kann. Dies fördert nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden der Mutter, sondern ist auch ein aktiver Beitrag zur Gleichberechtigung in der Partnerschaft.

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Letzte Aktualisierung: Oktober 2023