UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.

Epilepsie im Kindesalter

Voller Sorge, verunsichert und auch ein wenig hilflos – so fühlen sich viele Eltern, wenn das eigene Kind epileptische Anfälle erleidet. Doch sie werden mit der Belastung nicht allein gelassen. Neben den behandelnden Ärzt:innen unterstützen Frühförderstellen, sozialpädiatrische Zentren, Selbsthilfegruppen, Epilepsie-Beratungsstellen, Pflegedienste und familienentlastende Dienste die Eltern dabei, die Herausforderungen, die mit der Erkrankung des Kindes einhergehen, zu bewältigen.

Eine Gruppe von Kindern wartet auf den Start zu einem Wettlauf.

Eine Epilepsie kann von Geburt an bestehen oder sich erst im Laufe des Lebens entwickeln. Es gibt allerdings zwei Altersabschnitte, in denen besonders häufig Epilepsien zum ersten Mal auftreten: zum einen in den ersten Lebensjahren und zum anderen nach dem 60. Lebensjahr. Man nimmt an, dass ca. 5 % der Bevölkerung mindestens einmal im Leben einen epileptischen Anfall erleiden, ohne jedoch eine Epilepsie zu entwickeln. Etwa 4 bis 10 % aller Kinder und Jugendlichen haben irgendwann einen epileptischen Anfall, wie zum Beispiel einen Fieberkrampf, einen akut symptomatischen Anfall (ASA) oder einen unprovozierten epileptischen Anfall (siehe auch Epilepsien und Anfallsformen im Kindesalter). Im Alter von 20 Jahren ist jedoch nur bei 1 % die Diagnose einer Epilepsie gestellt.



Epilepsie ist dabei nicht gleich Epilepsie; daher können auch die Auswirkungen auf das Alltagsleben bei jeder Patientin und jedem Patienten unterschiedlich sein. Voraussetzung für die Prognose ist die genaue Diagnose der Erkrankung. Je nach Form der Epilepsie oder des Epilepsie-Syndroms und dem Krankheitsverlauf kann dann die individuell optimale Behandlung erfolgen.

Umgang mit der Diagnose Kinder-Epilepsie

Ein kleiner Patient unterhält sich mit der Kinderärztin.

Je nach Manifestation ist der erste epileptische Anfall für Eltern ein Schock. Die anschließende ärztliche Diagnose bringt zwar etwas Bestätigung, aber bedeutet dann die schmerzhafte Erkenntnis, dass das eigene Kind eine chronische Erkrankung hat. Als Folge des Erlebten sowie bedingt durch Sorge und Angst kann den Eltern oftmals die natürliche Unbefangenheit im Umgang mit dem Kind genommen werden. Für die gute Entwicklung des Kindes sind aber ein normaler Umgang und eine möglichst unbeschwerte Kindheit wichtige Voraussetzungen. Auch wenn einige besondere Vorsichtsmaßnahmen sinnvoll und angebracht sind, sollten die Eltern darauf achten, das Kind nicht zu sehr zu behüten und zu schonen. Es ist ebenso wichtig, Selbständigkeit zu fördern und das Selbstvertrauen des Kindes zu stärken.

Kompromiss zwischen Einschränkung und Freiheit finden

Jedes Kind ist anders. Daher sollten die Eltern für ihr Kind einen eigenen Mittelweg zwischen Einschränkungen aufgrund berechtigter Ängste und Freiheiten im Hinblick auf eine normale kindliche Entwicklung finden. Wenn Sie in einigen Situationen unsicher sind, kann ein Gespräch mit der Ärztin bzw. dem Arzt dabei helfen, für die jeweilige Besonderheit (Anfallsform und Anfallshäufigkeit) eine Lösung zu finden.

Je nach Entwicklungsstand und Reife sollte das Kind möglichst früh über die Krankheit und den angemessenen Umgang informiert werden. Dabei ist eine kindgerechte Information unerlässlich. Bilderbücher, Broschüren und Flyer, die speziell für Kinder mit Epilepsie im Kindergarten- und Schulalter entwickelt wurden, können zur kindgerechten Aufarbeitung der Information beitragen.

Frühförderung bei Epilepsie

Bei einer Entwicklungsstörung oder einem bestehenden Risiko haben Kinder zwischen 0 und 6 Jahren Anrecht auf eine Frühförderung. Frühförderung sind einerseits die medizinischen Leistungen der Früherkennung (Diagnostik) und Frühförderung (verschiedene Therapien) und andererseits die nichtärztlichen therapeutischen, psychologischen, heil- und sonderpädagogischen sowie psychosozialen Leistungen wie beispielsweise Krankengymnastik, Ergotherapie oder Logopädie.

Frühförderung kann im häuslichen Umfeld, aber auch in der Kindertagesstätte (z. B. als mobile Frühforderung durch eine Frühförderstelle oder ein sozialpädiatrisches Zentrum) stattfinden. Zusätzlich zu diesen mobilen Angeboten kann Frühförderung an folgenden Orten angeboten werden:  

  • in interdisziplinären Frühförderstellen
  • in sozialpädiatrischen Zentren
  • in anderen nach Landesrecht zugelassenen Einrichtungen mit einem vergleichbaren Förder-, Behandlungs- und Beratungsspektrum

Häufigkeit der Epilepsie im Kindesalter

Etwa 4 bis 10 % aller Kinder und Jugendlichen erleiden irgendwann eine Art epileptischen Anfall. Nur wenige Kinder, die einen Anfall erleiden, entwickeln jedoch später eine Epilepsie. Generell gilt: Bis zum 10. Lebensjahr beginnen etwa die Hälfte aller Epilepsien, bis zum
20. Lebensjahr fangen zwei Drittel der Epilepsien an.

Die Häufigkeiten von Epilepsie(-Syndromen) im Kindes- und Jugendalter werden wie folgt angegeben:

  • Genetische fokale Epilepsien: 10 % aller kindlichen Epilepsien, 20 bis 25 % von denen, die im Alter von 5 bis 15 Jahren diagnostiziert werden
  • Lennox-Gastaut-Syndrom: 1 bis 2 % aller Epilepsien im Kindesalter, 10 % aller Fälle mit Beginn in den ersten 5 Lebensjahren
  • West-Syndrom: 2 % aller Fälle von Epilepsie im Kindesalter, 25 % aller Fälle von Epilepsie mit Beginn im 1. Lebensjahr
  • Absence-Epilepsie des Kindesalters: 10 bis 15% aller Epilepsiefälle im Kindesalter, ca. 7 % aller Epilepsien

Epilepsie bei Neugeborenen

Wie oft Neugeborene und Säuglinge von epileptischen Anfällen betroffen sind, ist nur schwer festzustellen. Das Erscheinungsbild von Neugeborenenanfällen kann sich als Augenbewegungen, Schmatzen, Armrudern und Zuckungen äußern. Im Gegensatz zu Anfällen bei älteren Kindern ist die klinische Diagnose bei Neugeborenen schwierig. Selbst erfahrene Spezialist:innen haben Schwierigkeiten, epileptische Anfälle von nicht epileptischen Bewegungen zu unterscheiden. Ein bei einem Neugeborenen auftretender Anfall muss daher nicht unbedingt ein epileptischer Anfall sein. Es gibt viele andere Erkrankungen und Störungen, die Anfälle zur Folge haben können. Diese Ereignisse, die epileptischen Anfällen täuschend ähnlich sind, aber auf eine andersartige vorübergehende körperliche oder seelische Störung zurückgeführt werden können, werden auch als nicht epileptische Anfälle bezeichnet. Obwohl Untersuchungen zufolge Anfälle die häufigsten neurologischen Notfälle bei Neugeborenen sind, stellen weniger als 15 % der Fälle den Beginn einer frühkindlichen Epilepsie dar. 

Das Prinzip der Behandlung von epileptischen Anfällen auch bei Neugeborenen ist es, die behandelbaren Ursachen rasch zu diagnostizieren und zielgerichtet zu therapieren. Wie bei Epilepsien in anderen Lebensaltern ist das EEG dabei auch bei Neugeborenen eine große Hilfe zur Diagnosestellung epileptischer Anfälle. Die internationale Fachgesellschaft „Internationale Liga gegen Epilepsie“ (ILAE) fordert, dass für eine sichere Diagnose bei Neugeborenen die Ableitung eines EEGs notwendig ist.

Ein neugeborenes Baby schläft tief und fest.

Früher wurden Kinder, die als Neugeborene epileptische Anfälle erlitten, bis zum Ende des 1. Lebensjahrs mit Anti-Anfallsmedikamenten behandelt. Im Gegensatz dazu wird heute versucht, noch während des stationären Aufenthalts die Medikation zu beenden, wenn die Kinder rasch anfallsfrei werden und das EEG keine erhöhte Anfallsbereitschaft zeigt. Die Fortschritte der Intensivpflege von Früh- und Neugeborenen in den letzten Jahrzehnten hat zu einer erheblichen Verbesserung der Zukunftsaussichten der Kinder mit Neugeborenenanfällen geführt. Entscheidend für diese sogenannte Prognose ist dabei vor allem die Ursache, die den Anfällen zugrunde liegt – weniger die zur Behandlung ergriffenen medizinischen Maßnahmen. Im Durchschnitt kommt es bei ca. 30 % betroffenen Kindern zu Folge-Epilepsien.

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Letzte Aktualisierung: Oktober 2023