UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.

Anfallsauslöser und Reizfaktoren bei Epilepsie

Es gibt epileptische Anfälle, die nur bei bestimmten Gelegenheiten auftreten und deswegen keine Epilepsie sind. Diese sogenannten Gelegenheitsanfälle werden durch besondere Bedingungen ausgelöst bzw. verursacht (Anfallsauslöser), weshalb auch von akuten symptomatischen, durch besondere Umstände bedingten oder provozierten Anfällen gesprochen wird. Im Folgenden wird näher auf im Alltag häufig vorkommende Anfallsauslöser wie Schlafentzug, Stress und Alkohol eingegangen.

Schlafmangel als Anfallsauslöser

Zu wenig oder wenig erholsamer Schlaf beeinträchtigt alle Menschen in ihrem Wohlbefinden, bei Menschen mit Epilepsie hat ausreichend Schlaf jedoch noch eine ganz besondere Bedeutung: So gelten fehlender oder verkürzter Nachtschlaf, eine verminderte Schlaftiefe sowie Verschiebungen der üblichen Schlafenszeit um mehrere Stunden als anfallsbegünstigende Faktoren. Die Behandlung möglicher Schlafstörungen ist deshalb wichtig und sollte unbedingt Teil des Epilepsiemanagements sein.

Stress und Epilepsie

Wir leben in einer zunehmend stressigen Zeit. Jeder kennt die zahlreichen Belastungen nur zu gut – ob in der Schule, am Arbeitsplatz oder auch in der Familie und Freizeit. Dabei gilt: Stress ist individuell! Wie viel Stress nützlich bzw. ab wann Stress schädlich ist, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch erheblich. 

Menschen mit Epilepsie sind, bedingt durch ihre Erkrankung, häufig noch zusätzlichem Stress ausgesetzt. Bei einer internationalen Umfrage berichteten Betroffene von einer Reihe entsprechender Belastungen, Sorgen und Ängste, zu denen unter anderem die Unsicherheit hinsichtlich des Zeitpunktes und der Umstände ihres nächsten Anfalles, die Notwendigkeit einer regelmäßigen Einnahme von Medikamenten, die Schwierigkeiten bezüglich der Fahrtauglichkeit und die Abhängigkeit von Dritten gehörten. 

Stark belastender körperlicher oder psychischer Stress kann die Anfallshäufigkeit erhöhen. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass Strategien zur Stresskontrolle oder Stressvermeidung ausreichen, um epileptische Anfälle sicher zu verhindern und damit die Einnahme von Medikamenten überflüssig machen könnten. In Verbindung mit Medikamenten können diese aber sehr wirkungsvoll sein, um die Häufigkeit von Anfällen zu vermindern. Hilfreich können Atem- und Entspannungsübungen sein, beispielsweise in Form von Meditation. Auf die Stressbewältigung positiv auswirken kann sich eine regelmäßige körperliche Betätigung. Auch ein gutes Zeitmanagement lohnt sich, um allen beruflichen und privaten Anforderungen gerecht zu werden und dabei unnötigen Stress zu vermeiden.

Alkohol und Epilepsie

Der Genuss von alkoholischen Getränken ist tief in unserer Gesellschaft und Kultur verankert. Bei vielen geselligen Anlässen ist es üblich, dass alkoholische Getränke gereicht werden und mit ihnen auf Jubiläen oder andere Feierlichkeiten angestoßen wird. Der Konsum von Alkohol kann das Auftreten epileptischer Anfälle begünstigen. Das Trinken kleiner Mengen Alkohol ist bei einer bekannten Epilepsie in der Regel ungefährlich und muss daher nicht verboten werden. Alkoholmissbrauch hingegen ist nicht nur bei einer bekannten Epilepsie-Erkrankung ungünstig, sondern gilt auch als ein Risikofaktor für das erstmalige Auftreten eines generalisierten tonisch-klonischen Anfalls. Gefährlich sind dabei die Stunden und Tage nach dem Alkoholgenuss – also der Zeitraum, in dem der Alkohol im Körper wieder abgebaut wird. Alkoholentzugsanfälle sind epileptische Anfälle, die nach Alkoholentzug, d. h. dem plötzlichen Weglassen von regelmäßig konsumiertem Alkohol auftreten. Sie stellen die häufigste Form von Gelegenheitsanfällen im Erwachsenenalter dar.

Der Genuss von größeren Mengen Alkohol ist immer mit einem eindeutig erhöhten Anfallsrisiko verbunden. Zudem regt das regelmäßige Trinken von Alkohol die Tätigkeit der Leber an – dies führt unter anderem dazu , dass der Abbau von Medikamenten beschleunigt wird und diese daher weniger wirken. Auch werden einige Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten verstärkt, wenn gleichzeitig Alkohol getrunken wird. Dies gilt vor allem für die müde machende Wirkung vieler Medikamente oder ihre Auswirkung auf das Gleichgewicht und Sehvermögen.

Oft treffen Alkoholentzug, Schlafmangel, eine verminderte Nahrungsaufnahme und Nichteinnahme von Anti-Anfallsmedikamenten zusammen. Epileptische Anfälle, die nach dem Genuss kleiner Alkoholmengen auftreten, sind meist auf diese zusätzlichen Risikofaktoren wie Schlafentzug oder sonstige besondere Umstände zurückzuführen und nicht auf den Alkohol selbst.

Deshalb ist es besser, wenn Epilepsie-Patient:innen gar nicht oder nur geringe Mengen und nicht regelmäßig konsumierten. Als unbedenklich gelten jeweils 1 Glas Bier, Wein/Sekt oder Schnaps pro Anlass – aber nicht als regelmäßiger Konsum. Menschen, denen Alkohol ohnehin nicht schmeckt oder denen ein völliger Verzicht leichter fällt als die Selbstkontrolle, sollten generell auf Alkohol verzichten. Für Menschen mit Epilepsie, bei denen Alkohol anfallsbegünstigend wirkt, gibt es heute zahlreiche alkoholfreie Alternativen zu beliebten Getränken wie Wein, Bier oder Sekt, so dass auf Geschmack und Genuss nicht gänzlich verzichtet werden muss.

Fernsehen, Computer und Epilepsie

Fernsehen gehört für viele Menschen mit und ohne Epilepsie zum Alltag dazu, dient der Entspannung, Ablenkung oder ist mit fröhlichen Familienritualen verbunden. Besonders Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erfreuen sich darüber hinaus an Videospielen auf dem Computer oder der Spielekonsole oder üben dies sogar als Hobby zusammen mit Freunden aus.

Ein kleiner Teil der Menschen mit Epilepsie lebt mit einer sogenannten „Fotosensibilität“, die dazu führt, dass visuelle Stimuli Anfälle auslösen können. Fotosensibilität bedeutet die Empfindlichkeit der betroffenen Person im Hinblick auf flackerndes Licht. Als flackerndes Licht wird Licht bezeichnet, das in seiner Stärke rasch schwankt (regelmäßig wechselnde Hell-Dunkel-Kontraste). Bei etwa 5 % aller Menschen mit Epilepsie können diese Lichtreize zu epileptischen Veränderungen im EEG führen, was aber nicht bedeutet, dass dadurch sofort Anfälle ausgelöst werden. Nur bei etwa 70 % dieser fotosensiblen Patient:innen können durch solche Lichtreize Anfälle entstehen.

Eine Frau mit Fernbedienung in der Hand schaut TV.

Im Alltag findet sich flackerndes Licht beim Durchfahren einer Allee, Lichtreflexionen auf Wasseroberflächen oder, in besonders starker Form, im Stroboskop-Flackerlicht in Diskotheken, Clubs oder auch auf Konzerten. Auch in Videospielen oder Fernsehsendungen wechselt die Lichtfrequenz häufig. Eine Fotosensibilität äußert sich in Schwindelgefühl, Augenflimmern und Kopfschmerzen. Sie liegt bei Frauen anderthalb- bis zweimal häufiger vor. Fotosensibilität wird vererbt und ist daher von Geburt an vorhanden. Es gibt jedoch einen Lebensabschnitt, in dem eine vermehrte Lichtempfindlichkeit ein Auftreten von Anfällen begünstigt. Dieser liegt etwa zwischen dem
8. und 20. Lebensjahr mit einem Gipfel im Alter von 12 bis 13 Jahren.


Menschen mit einer bekannten Epilepsie sollten in einer neurologischen Fachpraxis eine EEG-Ableitung mit Foto-Stimulation durchführen lassen, durch die eine vorhandene Fotosensibilität diagnostiziert werden kann.

Ein Junge sitzt vor einem Computerbildschirm und spielt ein Videospiel.

Für Epilepsie-Patient:innen mit einer vorliegenden Fotosensibilität ist die Anschaffung eines Fernsehgerätes mit mindestens 100 Hertz (100 Bildwiederholungen pro Sekunde) und einem Plasma- oder TFT-Bildschirm ratsam, bei denen der Flimmereffekt entfällt. Videospiele mit bekannter Anfallsprovokation sollten vermieden werden und Kinder und Jugendliche sollten möglichst unter Aufsicht einer erwachsenen Person spielen, die im Falle eines Anfalls erste Hilfe leisten kann.


Bei Computerspielen sollte der Durchmesser des Bildschirmes nicht mehr als 15 Zoll betragen und bei größeren Bildschirmen wie einem Fernsehgerät ein Betrachtungsabstand von der vierfachen Bildschirmdiagonalen, in der Regel 3 bis 4 Meter, eingehalten werden. Eine zeitliche Begrenzung der Spielzeit ist ratsam; so sollte ein lang dauerndes Spielen über mehr als 1 Stunde pro Spiel unterbleiben. Auch sollte darauf geachtet werden, dass beim Spielen keine anderen anfallsbegünstigen Faktoren wie zum Beispiel Schlafentzug, Fieber oder Hunger vorliegen.

Weitere Reizfaktoren

Es gibt Drogen wie Amphetamine (z. B. Ecstasy) und Opiate (z. B. Morphin und Methadon), die epileptische Anfälle provozieren und auslösen können. Am stärksten anfallsfördernd scheint Kokain zu sein. Grundsätzlich gilt für alle Menschen, ob mit oder ohne Epilepsie, dass illegale Drogen schwere Nebenwirkungen und Erkrankungen hervorrufen können, weshalb von einem Konsum grundsätzlich abzuraten ist.

Bestimmte Inhaltsstoffe der Droge Cannabis werden inzwischen zur Behandlung von Epilepsie medizinisch eingesetzt. So hat sich Cannabidiol (CBD) als Zusatztherapie bei zwei schweren Formen der Epilepsie im Kindes- und Jugendalter, dem Dravet-Syndrom und dem Lennox-Gastaut-Syndrom, als wirksam erwiesen.

Verschiedenste Medikamente können Anfälle provozieren oder eine Wechselwirkung mit Anti-Anfallsmedikamenten verursachen. Deshalb ist es wichtig, Ärzt:innen über die eigene Medikation zu informieren, bevor Medikamente verordnet werden. Auch bei rezeptfreien Medikamenten sollte die Verwendung der behandelnden Ärztin bzw. behandelnden Arzt mitgeteilt werden.

Bei einigen Frauen kann ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Anfällen und der Periode sowie dem Eisprung festgestellt werden. Dies liegt daran, dass der Hormonspiegel der weiblichen Sexualhormone Östrogen und Progesteron über den Zyklus hinweg unterschiedlich hoch ist und die Hormone eine anfallsfördernde (Östrogen) oder anfallshemmende (Progesteron) Wirkung haben. Es empfiehlt sich daher, den Zyklus im Anfallskalender zu dokumentieren.

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Letzte Aktualisierung: Oktober 2023