UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.UCBCares bietet Unterstützung für Menschen mit Epilepsie.

Fokale Epilepsie

Eine fokale Epilepsie wird durch fokale Anfälle (fokal = herdförmig, nur einen Teil betreffend) gekennzeichnet. Diese gehen von einem bestimmten Bereich des Gehirns aus, können sich jedoch von dort auf das gesamte Gehirn ausbreiten. Anhand der Symptome des jeweiligen Anfalls können medizinische Fachkräfte häufig Rückschlüsse auf den Ausgangsort eines epileptischen Anfalls im Gehirn ziehen. Fokale Anfälle können von unterschiedlichen Bereichen des Großhirns ausgehen. Früher wurde anstatt des Begriffs „fokal“ der Begriff „partiell“ verwendet.

Bei der fokalen Epilepsie können verschiedene Bereiche des Gehirns betroffen sein.Bei der fokalen Epilepsie können verschiedene Bereiche des Gehirns betroffen sein.

Die Einteilung fokaler Anfälle

Anfälle können nach Beeinträchtigung während des Anfalls unterteilt werden in:

  • Anfälle ohne Beeinträchtigung des Bewusstseins, frühere Bezeichnung „einfach partiell“ oder „einfach fokal“
    Das Bewusstsein ist nicht gestört und die Patient:innen können in der Regel selbst die Symptome des Anfalls schildern.

  • Anfälle mit Beeinträchtigung des Bewusstseins, frühere Bezeichnung „dyskognitiv“, „komplex partiell“ oder „komplex fokal“
    Bei diesen Anfällen ist das Bewusstsein in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigt und meistens können nur Außenstehende, wie Angehörige oder Zeug:innen, die Anfallssymptomatik genau beschreiben.

Weitere optionale Unterteilung der fokalen Anfälle in Abhängigkeit vom Beginn

Fokale Anfälle können zudem nach dem Auftreten motorischer und nichtmotorischer Zeichen und Symptome beim Anfallsbeginn unterteilt werden:

  • mit motorischem Beginn: Auftreten z. B. von automatisch ablaufenden, nicht zielgerichteten Verhaltensweisen
    wie Lippenlecken oder Schmatzen (Automatismen), Muskelzuckungen, Muskelschwäche oder verkrampfte Gliedmaßen (epileptische Spasmen; atonische, klonische, hyperkinetische, myoklonische oder tonische Entäußerungen)

  • mit nichtmotorischem Beginn: Auftreten z. B. von der plötzlichen Unterbrechung einer derzeit durchgeführten Handlung (Innehalten) oder ungewöhnlichen körperlichen bzw. psychischen Empfindungen oder Gedanken (kognitive, emotionale, sensorische oder autonome Symptome)

    Fokale Anfälle können sich zu einem bilateral tonisch-klonischen Anfall entwickeln, wobei beide Gehirnhälften betroffen sind (fokal zu bilateral tonisch-klonisch). Dies wurde früher als „sekundärer generalisierter Anfall“, „sekundäre Generalisierung“ oder „partieller Beginn mit sekundärer Generalisierung“ bezeichnet.

    Unter den neu aufgetretenen, unprovozierten Anfällen bei Erwachsenen zählen ca. zwei Drittel zu den fokalen Anfällen. Fokale Epilepsien sind somit häufiger als generalisierte Epilepsien.

Beispiele für fokale Epilepsien und fokale Epilepsiesyndrome



Epilepsie/Epilepsiesyndrom
Alter bei Auftreten
Rolando-Epilepsie, eine gutartige Epilepsie mit besonders in der Nacht auftretenden fokalen Anfällen. Kindheit
Epilepsie des Kindesalters mit okzipitalen Paroxysmen Kindheit
Primäre Lese-Epilepsie Jugend
Temporallappen-Epilepsie (Schläfenlappen-Epilepsie) Kindheit/Jugend/Erwachsenenalter
Frontallappen-Epilepsie (Stirnlappen-Epilepsie) Kindheit/Jugend/Erwachsenenalter
Parietallappen-Epilepsie (Scheitellappen-Epilepsie) Kindheit/Jugend/Erwachsenenalter
Okzipitallappen-Epilepsie (Hinterhauptlappen-Epilepsie) Kindheit/Jugend/Erwachsenenalter

Temporallappen-Epilepsie (Schläfenlappen-Epilepsie)

Bei Erwachsenen sind Schläfenlappen-Epilepsien die häufigste Form. Sie können z. B. aufgrund von gutartigen Tumoren, Schlaganfällen oder Gefäßfehlbildungen auftreten. Es sind aber eine Vielzahl weiterer Ursachen möglich und die Anfallshäufigkeit ist sehr unterschiedlich. Den fokalen Anfällen mit Beeinträchtigung des Bewusstseins gehen häufiger solche ohne Beeinträchtigung des Bewusstseins voraus. Betroffene berichten oft von einer so genannten epigastrischen Aura (aufsteigendes Gefühl im Bauch) und verschiedenen psychischen Symptomen wie z. B. Angst und Halluzinationen.

Frontallappen-Epilepsie (Stirnlappen-Epilepsie)

Ein Merkmal dieser Epilepsieform ist die hohe Anfallsfrequenz. Dabei kann es sich um verschiedene Anfälle mit und ohne Beeinträchtigung des Bewusstseins handeln. Die Anfälle beginnen und enden meist plötzlich und sind von kurzer Dauer (meist unter 30 Sekunden). Mögliche Ausprägungsformen sind: wildes Um-sich-Schlagen, Strampeln oder Radfahrbewegungen oder nächtliches Aus-dem-Bett-Springen. Die fokalen Anfälle neigen dazu, sich zu einem bilateral tonisch-klonischen Anfall zu entwickeln.

Parietallappen-Epilepsie (Scheitellappen-Epilepsie)

Diese Form ist sehr selten. Die häufigste Anfallsform sind fokale Anfälle ohne und mit Bewusstseinsstörung. Typische Symptome bei derartigen Anfällen ohne Bewusstseinsstörungen sind Missempfindungen wie ein Kribbeln oder „Ameisenlaufen“, ein Taubheitsgefühl oder akustische Wahrnehmungen, Halluzinationen und Drehschwindel.

Okzipitallappen-Epilepsie (Hinterhauptlappen-Epilepsie)

Okzipitallappen-Epilepsien sind selten und machen weniger als 5 % aller Epilepsien mit fokalen Anfällen aus. Die häufigste Anfallsform sind fokale Anfälle ohne und mit Bewusstseinsstörung. Wenn bei den Betroffenen derartige Anfälle ohne Beeinträchtigung des Bewusstseins auftreten, berichten sie von visuellen Halluzinationen (Trugwahrnehmungen), z. B. in Form von Blitzen, Lichtpunkten, abnormalem Groß- oder Kleinsehen, oder einer temporären Unfähigkeit, vertraute Gesichter zu erkennen. Die Anfälle können sich rasch auf benachbarte Hirnregionen ausweiten, sodass es zu fokalen Anfällen mit Bewusstseinsstörung oder anderen zusätzlichen Symptomen kommen kann.

Rolando-Epilepsie

Die Rolando-Epilepsie ist eine der häufigsten Epilepsieformen des Kindesalters; sie macht bis zu 20 % aller kindlichen Epilepsien aus. Die Rolando-Epilepsie wird auch als benigne Epilepsie des Kindesalters mit zentrotemporalen Spikes bezeichnet, was ein typisches Erscheinungsbild im EEG beschreibt. Bei Patient:innen mit Rolando-Epilepsie beginnen die Anfälle in der Regel aus dem Schlaf heraus. Erstes Anfallsanzeichen ist oft ein einseitiges Kribbeln und ein „pelziges“ Gefühl auf Zunge, Mundschleimhaut, Gaumen, Lippen und Wangen. Anschließend kommt es zu einem einseitigen Verziehen des Gesichts oder starken Zuckungen einer Gesichtshälfte, des Mundwinkels, der Zunge, der Lippen oder der Rachenmuskulatur. Im weiteren Verlauf kann es auch zu Speichelfluss und Sprechstörungen kommen.

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Letzte Aktualisierung: Oktober 2023