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Leben mit der Krankheit: Erfahrungen von RLS-Betroffenen

Cosima, Valeria und Marie-Luise sind RLS-Patientinnen, die anderen Betroffenen im Umgang mit der Krankheit Mut machen wollen. Sie haben sich bereit erklärt, ihre Erfahrungen mit anderen Personen zu teilen. Damit möchten sie die Aufklärungsarbeit unterstützen, aber auch mit ihrer persönlichen Geschichte andere Betroffene ermutigen, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten, voneinander zu lernen und den bestmöglichen Weg im Umgang mit der Erkrankung zu finden. Lesen Sie hier ihre Erfahrungsberichte!

Cosima aus Berlin

Erste RLS-Anzeichen bemerkte Cosima mit Mitte 20. Zunächst traten die Beschwerden nur ab und an auf und beeinträchtigten sie nicht sonderlich. Im Laufe der Jahre wurden die RLS-Symptome intensiver und immer häufiger zu einer Belastung im Alltag. Als ihr im Wartezimmer ihrer Ärztin ein Flyer über RLS in die Hände fiel, wusste sie sofort „das habe ich“. Dennoch vergingen weitere Jahre, bis ihr Leidensdruck so hoch war, dass sie ärztlichen Rat suchen musste.

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Nacht zum Tage gemacht

Mittlerweile raubte ihr das unangenehme, beinah schmerzhafte Ziehen in den Beinen fast täglich den Schlaf. Das Bewegen und Anspannen der betroffenen Muskelgruppen brachten zwar kurzfristig Linderung, aber die quälenden Beschwerden weckten sie bereits kurze Zeit nach dem Einschlafen wieder auf. Sie machte die Nacht zum Tag und ging um vier Uhr nachts mit dem Hund spazieren. Am nächsten Tag fühlte sie sich erschöpft und unkonzentriert. Ihrem normalen Arbeitsalltag konnte sie nicht mehr nachgehen. An einen Besuch der Lieblingsoper, die sechs Stunden dauert, war überhaupt nicht mehr zu denken. Nach etwa 30 Minuten wurde sie unruhig und war damit beschäftigt ihre Beine von einer Stelle zur anderen zu bewegen. Freude war so nicht mehr vorhanden. Letztlich traten die Symptome auch tagsüber auf, insbesondere in Ruhesituationen, wenn sie versuchte, ihren Schlaf nachzuholen.

Die Behandlung brachte eine schnelle Verbesserung

Daher entschied sie sich zusammen mit ihrer Ärztin für eine medikamentöse Behandlung. Der Unterschied war sofort merkbar: Sie konnte sehr viel länger schlafen, war tagsüber nicht mehr müde und unkonzentriert. Eine Heilung der RLS-Erkrankung ist derzeit zwar nicht möglich, aber durch die Behandlung kann Cosima ihre Beschwerden gut kontrollieren. Auch ihre Lieblingsoper kann sie inzwischen wieder mit Freude besuchen. „Die Erkrankung gehört zu mir, aber ich bin ihr nun nicht mehr hilflos ausgeliefert.“

Wichtig ist für Cosima auch, über die Erkrankung zu sprechen. Viele Betroffene können die Beschwerden nicht einordnen und nehmen RLS gar nicht als Krankheit wahr. Auch Cosima hat lange gebraucht, um die Erkrankung anzunehmen und würde rückblickend früher ärztliche Hilfe suchen. „Es gibt viele Möglichkeiten. Man kann etwas gegen die Erkrankung tun.“

Valeria, Kinderkrankenschwester aus Neu-Ulm

„Patient:innen müssen sich selbst über ihre Erkrankung informieren, damit sie die für sie optimale Behandlung bekommen und ihre Medikamente wie vorgeschrieben einnehmen. Mit mehr Wissen können sie auch mit den Symptomen besser umgehen.“
Erste RLS-Symptome bemerkte Valeria mit 44 Jahren. Sie hatte leichte Krämpfe in den Beinen, manchmal mit unkontrollierbaren Zuckungen. Doch da diese nur selten auftraten, machte sie in ihrem Job als Kinderkrankenschwester einfach weiter. Im Laufe der Jahre wurden die Beschwerden immer unerträglicher. Sie hatte Zuckungen, Stechen, Kribbeln, Brennen und Schmerzen. Schlaflosigkeit mit unwillkürlichen Bewegungen und Zuckungen wurde immer häufiger, sobald sie zur Ruhe kam. Also suchte sie ihren Arzt auf und erhielt die Diagnose Restless Legs Syndrom. Sie versuchte, positiv zu bleiben, und begann mit der ersten Behandlung.

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Die Medikamente brachten nur leichte Verbesserungen

Als sie aber im Internet von den Leiden der vielen Betroffenen las und ihre Medikamente nur eine leichte Verbesserung brachten (in der Regel wirken Medikamente zumindest zu Therapiebeginn gut), suchte sie einen Spezialisten auf. Je mehr sie über die Krankheit erfuhr, umso einsamer fühlte sie sich, weil sie niemanden sonst mit RLS kannte – trotz der liebevollen Unterstützung ihres Mannes. Als die Beschwerden immer unerträglicher wurden und sie die einfachsten Dinge im Leben nicht mehr genießen konnte, wurde sie medikamentös neu eingestellt. Doch die Symptome kamen immer wieder zurück, wurden stärker – und für Valeria war klar, dass sie so nicht weiterleben wollte.

Die Erinnerung an ihre kleinen Patient:innen gab ihre neue Kraft

Erst die Erinnerung an ihre schwerkranken Patient:innen, die doch viel mehr litten als sie, weckte ihren Kampfgeist. Sie wechselte den Neurologen, nahm an einer klinischen Studie teil und verspürt nun nach elf Jahren und vier verschiedenen Medikamenten endlich eine Erleichterung. Sie begann zu malen und Schmuck zu kreieren. Sie macht Nordic Walking und versucht, stets positiv zu denken.

„RLS wird immer ein Teil meines Lebens sein, doch solange ich damit umgehen kann und mit meinem Neurologen zusammenarbeite, werde ich mein Leben genießen können.“

Marie-Luise, Ansprechpartnerin der RLS-Selbsthilfegruppe Alb-Donau-Kreis

Ihre RLS-Beschwerden begleiten Marie-Luise schon seit dem Jugendalter. In der Schwangerschaft zeigte sich schließlich das ganze Ausmaß der Erkrankung und ihre Beschwerden nahmen massiv zu. „20 Minuten nach dem Einschlafen stand ich senkrecht im Bett und konnte nicht mehr liegen. Dann bin ich ums Bett gekreist und manchmal vor Müdigkeit einfach umgefallen.“ Doch im Gegensatz zu vielen anderen betroffenen Schwangeren, hörten bei Marie-Luise die Beschwerden nach der Geburt ihres Kindes nicht auf.

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Wie Phönix aus der Asche

Um die starken Beschwerden in den Griff zu bekommen, nahm sie starke Medikamente. Marie-Luise konnte so zwar ruhig liegen, einen erholsamen Schlaf bekam sie aber trotzdem nicht. Sie fühlte sich chronisch erschöpft und war irgendwann an einem Tiefpunkt angelangt. In der Klinik wurde sie schließlich auf einen Dopaminagonisten umgestellt. Nachdem sie die anfänglichen Nebenwirkungen in Form von starker Übelkeit überwunden hatte, fühlte sich Marie-Luise deutlich besser. Gleichzeitig wurde auch eine Begleiterkrankung der Schilddrüse festgestellt und behandelt. „Rückblickend führten diese beiden Ereignisse dazu, dass ich mich wie Phönix aus der Asche auferstanden fühlte.“ Inzwischen kann Marie-Luise mit ihrer Erkrankung gut leben. Auch längere Busfahrten oder Flüge, die sie früher gemieden hat, nimmt sie wieder wahr. Um sich in solchen nicht alltäglichen Situationen zu helfen, nimmt Marie-Luise ein Bedarfsmedikament ein. Ihr Tipp für andere Betroffene: „Suchen Sie sich einen Ausgleich, der Sie stärkt. Das kann ein Hobby, aber auch eine Person sein, die Ihnen hilft, schwierige Zeiten durchzustehen.“

Gut informiert

Ein großes Problem sieht Marie-Luise darin, dass Ärzt:innen – auch Spezialist:innen – häufig nicht ausreichend informiert sind. Sei es über die Erkrankung allgemein oder über Medikamente, die ein RLS verstärken können. Hierzu zählen z. B. einige Antidepressiva. Darüber hinaus sieht sie Aufklärungsbedarf bei Krankenhausaufenthalten und operativen Eingriffen, die mit einer Narkose verbunden sind. Daher ist es besonders wichtig, dass sich die Patient:innen selbst über ihre Erkrankung informieren. Von ihrer Tätigkeit als RLS-Ansprechpartnerin des Deutschen Restless Legs Vereins und der RLS-Selbsthilfegruppe kennt Marie-Luise zudem noch ein weiteres Problem: Häufig werden die Beschwerden der Patient:innen nicht ernst genommen und RLS als „neumodische Erkrankung“ abgewertet. Helfen kann den Betroffenen hier der Austausch mit Gleichgesinnten in einer Selbsthilfegruppe. „Mir hat es sehr gutgetan, andere RLS-Betroffene kennenzulernen.“

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Letzte Aktualisierung: Juni 2022